Schlechte Erfahrungen mit Bietern: Ausschluss nach § 124 Abs.1 Nr.7 GWB
Langfristige Vertragsverhältnisse sind selten unbelastet von gelegentlichen Reibereien: Schadensersatzforderungen und Rechnungskürzungen wegen Schlechterfüllung hat sicherlich fast jeder öffentliche Auftraggeber in der Vergangenheit schon einmal angedroht oder auch geltend gemacht.
Seit der Vergaberechtsreform 2016 haben öffentliche Auftraggeber nun erstmals mit § 124 Abs.1 Nr.7 GWB einen gesetzlich normierten fakultativen Ausschlussgrund gegenüber Bietern und Bewerbern mit denen sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Allerdings sind die Anforderungen an solch einen Ausschluss keineswegs gering: Erforderlich ist zunächst, dass eine wesentliche Anforderung bei einer früheren Vertragsausführung erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt worden ist. Mit anderen Worten: der Auftragnehmer muss kontinuierlich oder einmal richtig Mist gebaut haben. Die "allgemeinen Ärgernisse", die eine langfristige Zusammenarbeit mit sich bringen kann genügen hingegen nicht.
Zudem darf sicher Auftraggeber aber auch nicht allein im stillen Kämmerlein ärgern, sondern muss seinen Unmut deutlich nach außen kommunizieren indem er den Vertrag kündigt, Schadensersatz fordert oder eine vergleichbare Rechtsfolge aus der mangelhaften Vertragserfüllung zieht. Erstmals hatte sich jetzt die Vergabekammer des Bundes (VK Bund, Beschl. v. 18.09.2017, Az. VK 2 – 86/17) mit der Frage zu beschäftigen, wann eine solche vergleichbare Rechtsfolge vorliegt.
Dabei war es in einem Vertrag zur Erbringung von Leistungen des Winterdienstes zu erheblichen und fortwährenden Schlechtleistungen gekommen. Der Auftraggeber kündigte aber den Vertrag nicht, sonder verzichtete lediglich auf das Ziehen einer Vertragsverlängerungsoption bzw. kürzte die Rechnungen des Auftragnehmers in einigen Positionen.
Im Rahmen der folgenden Neuausschreibung bewarb sich auch der bisherige Auftragnehmer um den Auftrag, wurde aber vom Auftraggeber auf der Grundlage des § 124 Abs.1 Nr.7 GWB ausgeschlossen, wogegen dieser die Vergabekammer des Bundes anrief. Die VK Bund lehnte den Nachprüfungsantrag jedoch als unbegründet ab, da sie die Rechnungskürzung als eine vergleichbare Rechtsfolge i.S.d. § 124 Abs.1 Nr.7 GWB einstufte. Dabei ist es aus ihrer Sicht gerade nicht erforderlich, dass die Rechtsfolge dasselbe gravierende Gewicht entfaltet, wie eine außerordentliche Kündigung. Dies sei dem öffentlichen Auftraggeber auch deshalb nicht zuzumuten, weil er dann komplett ohne Leistungserbringer dastünde. Gerade bei dauerhaft zu erbringenden Leistungen (hier: Winterdienst, aber wohl auch Abfallentsorgung und Gebäudereinigung) wird öffentlichen Auftraggebern mit der, vergleichbar schnell erreichten, Rechnungskürzung ein scharfes Schwert zukünftige Auftragsvergaben an die Hand gegeben. Dennoch folgt auf eine Rechnungskürzung nicht zwingend ein automatischer Ausschluss des bisherigen Auftragnehmers in zukünftigen Vergabeverfahren, da zum einen die Schlechterfüllung einer wesentlichen Anforderung hinzu kommen muss und es sich bei den in § 124 GWB genannten Ausschlussgründen um fakultative Ausschlussgründe handelt. Insofern ist bei einem Ausschluss aufgrund vorangegangener Schlechtleistung stets mit Augenmaß vorzugehen.