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Informationszugang des Bieters zur Begründung der Angebotswertung

Bundesverwaltungsgericht stärkt Transparenz nach Verfahrensabschluss


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Bieter, die in einem Vergabeverfahren unterlegen sind, haben nach dessen Abschluss einen Anspruch auf Zugang zu der Begründung der behördlichen Bewertung ihres eigenen Angebots. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit einer Entscheidung aus Leipzig klargestellt und damit die Rechte von Unternehmen im Nachgang zu Vergabeverfahren erheblich gestärkt.




Der zugrunde liegende Fall

Die Klägerin hatte sich erfolglos an einer Ausschreibung der Bundesagentur für Arbeit im offenen Verfahren beteiligt. Ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren leitete sie nicht ein. Stattdessen beantragte sie nach Abschluss des Vergabeverfahrens auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) Einsicht in die Dokumentation der Bewertung ihres Angebots.

Die Bundesagentur lehnte diesen Antrag ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb zunächst vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Erst der Verwaltungsgerichtshof verpflichtete die Beklagte, der Klägerin Einsicht in die Begründung der Wertung ihres eigenen Angebots zu gewähren.


Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Die Revision der Bundesagentur für Arbeit blieb erfolglos. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs und stellte dabei mehrere für die Praxis zentrale Punkte klar:

  • Das Informationsfreiheitsgesetz ist auf abgeschlossene Vergabeverfahren anwendbar. Vergaberechtliche Vorschriften, die sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren beziehen, gehen dem IFG nicht vor.

  • § 5 Abs. 2 Satz 2 VgV steht einem Informationszugang des betroffenen Bieters nicht entgegen. Diese Vorschrift dient ausschließlich dem Schutz der von Unternehmen eingereichten Informationen vor der Offenlegung gegenüber Dritten. Sie soll verhindern, dass sensible Angaben – etwa zu Preisen oder technischen Lösungen – Wettbewerbern zugänglich gemacht werden.

  • Der Schutzbereich der Norm erfasst nicht den Zugang eines Bieters zu Informationen über die Bewertung seines eigenen Angebots. Eine Offenlegung der behördlichen Wertungsbegründung gegenüber dem jeweiligen Bieter verletzt weder vergaberechtliche Vertraulichkeitsanforderungen noch Wettbewerbsgrundsätze.

  • Eine wettbewerbswidrige Begünstigung ist nicht zu befürchten. Das Gericht stellte ausdrücklich fest, dass ein entsprechender Informationszugang auch konkurrierenden Bietern zu gewähren wäre, sofern diese einen gleichlautenden Antrag stellen.


Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist von erheblicher praktischer Relevanz:

  • Unterlegene Bieter erhalten eine zusätzliche Möglichkeit, die behördliche Angebotswertung nachvollziehen zu können – auch außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens.

  • Der Informationszugang kann als Grundlage für interne Qualitätsverbesserungen, strategische Angebotsanpassungen oder die Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche dienen.

  • Öffentliche Auftraggeber müssen damit rechnen, dass ihre Wertungsentscheidungen auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens einer inhaltlichen Kontrolle unterzogen werden – jedenfalls hinsichtlich der Bewertung des jeweiligen Angebots.


Fazit

Das Bundesverwaltungsgericht stärkt mit dieser Entscheidung Transparenz und Rechtsschutz im Vergaberecht. Der Anspruch auf Informationszugang nach dem IFG eröffnet unterlegenen Bietern einen eigenständigen, vergaberechtsunabhängigen Weg, um Einsicht in die behördliche Bewertung ihres Angebots zu erhalten. Öffentliche Auftraggeber sind gut beraten, ihre Wertungsentscheidungen entsprechend sorgfältig und nachvollziehbar zu dokumentieren.

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