Verstoß gegen den Geheimwettbewerb im Vergabeverfahren: Schadensersatzanspruch der Vergabestelle bestätigt
- André Siedenberg
- vor 8 Stunden
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OLG Naumburg: Öffentliche Auftraggeber können bei Verstößen gegen den Geheimwettbewerb auch zivilrechtlichen Schadensersatz verlangen – zusätzlich zu § 180 GWB
In einem bemerkenswerten Urteil (OLG Naumburg, 6 U 1/24 ) wurde klargestellt: Gibt ein Bieter sein Angebot auf Grundlage vertraulicher Informationen eines Mitbewerbers ab und leitet daraufhin ein Nachprüfungsverfahren ein, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs (§ 97 GWB) sowie gegen die Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) vor. Die Konsequenz: Die Vergabestelle kann Schadensersatz auch außerhalb von § 180 GWB verlangen.
In dem entschiedenen Fall hatte ein Bieter Daten der Konkurrenz – vermutlich über einen USB-Stick – für die Angebotskalkulation verwendet und die Preise systematisch leicht unterboten. Der Verstoß gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs war damit offenkundig. Auf den vergaberechtlichen Ausschluss folgte ein aussichtsloses Nachprüfungsverfahren – das die Vergabestelle zusätzlich belastete.
Das Gericht bestätigt:

Zwischen Bietern und öffentlichem Auftraggeber besteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB), das vergaberechtskonform ausgestaltet sein muss.
Ein Bieter, der unter Kenntnis fremder Angebotskalkulationen bietet, verstößt schuldhaft gegen § 241 Abs. 2 BGB.
§ 180 GWB schließt zivilrechtliche Ansprüche nicht aus, sondern steht nebeneinander – insbesondere, wenn Schäden außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens entstehen (z. B. durch Interimslösungen).
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